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(2.2)

Wir haben unseren Sohn in die USA geschickt und haben einen Amerikanischen Gast bei uns beherbergt. Grundsätzlich finde ich Jugendaustausch super und wir wollten unseren Beitrag leisten, dass auch ein ausländischer Jugendlicher hier in Deutschland eine Familie findet, wo eine amerikanische Familie unserem Sohn Haus und Herz geöffnet hat. Grundsätzlich schicken deutlich mehr Familien ihre Kinder ins Ausland als dass sie jemanden aufnehmen. Deshalb sind deutsche Gastfamilien gesucht.

Für den USA-Aufenthalt gilt für die deutschen Gastschüler "no sex, no drugs, no alcohol". Wie das dann vor Ort gestaltet wird, ist sicher individuell verschieden, aber die Richtlinie besteht. Ein deutscher Austauschschüler kann von yfu mitten im Austauschjahr nach Deutschland zurückgeschickt werden, wenn er sexuell aktiv ist.

Wenn die Familie im Gegenzug einen Gast bei sich aufnimmt, gelten diese Regeln nicht. Als Familie öffnet man sich einem fremden Menschen, lässt ihn engen Anteil am eigenen Privatleben nehmen und übernimmt Verantwortung für den Jugendlichen. Ich fand im Zimmer unseres Gastschülers eine leere Kondompackung. Von yfu aus durfte unser sechzehnjähriger, amerikanischer Austauschschüler hier in Deutschland sexuell aktiv sein. Als ich ihm und yfu sagte, dass ich das nicht möchte, weil für die Gastgeschwister (unsere leiblichen Kinder) andere Regeln gelten und ich als Gastmutter verantwortlich bin und kein deutsch-amerikanisches Baby/ keine ungewollte Schwangerschaft in meiner Verantwortung möchte, meinte yfu unser Gastschüler sei sechzehn. Ich könne froh sein, dass er Kondome hätte. Da wäre doch alles gut. Er würde aufpassen und wenn ein Mädchen von ihm schwanger würde, wäre das nicht in meiner Verantwortung. Das ist schön gesagt, aber ich möchte nichtmal die Fragestellung Baby/ Abbruch/ Adoption mit meinem sechzehnjährigen Gastschüler und seiner Freundin erörtern müssen, auch wenn mir niemand vorwirft, ich hätte meine Aufsichtspflicht verletzt. Es stellte sich raus, dass unser Gastschüler bereits mit fünfzehn in den USA sexuell aktiv war. yfu fand, dass das seine Privatsache sei. Er dürfe seine Sexualität so ausleben, wie er es möchte. Selbstverständlich habe ich die Privatsphäre unseres Gastschülers respektiert und immer angeklopft, wenn ich in sein Zimmer kommen wollte. Die Kondompackung lag oben sichtbar im Müll, als ich Wäsche geholt habe.
Auch von den Ausgehzeiten war unser Amerikaner sehr offen erzogen: Unter der Woche durfte er in den USA bei seinen leiblichen Eltern als Fünfzehnjähriger bis 23 Uhr draußen sein, am Wochenende bis 1.00 Uhr nachts.

Im yfu-Kurzprofil wurde unser Austauschschüler mit "hilfsbereit, engagiert, ruhig, ausgeglichen, interessiert, still ... charakterisiert. Zudem hatte er u.a. als "in die Kirche gehen" als Aktivität angegeben.
Nach dieser Beschreibung habe ich keinen sexuell erfahrenen Jungen erwartet, der unter der Woche bis 23 Uhr und am Wochenende bis 1 Uhr unterwegs ist. (In die Kirche ist er mit uns nie gegangen. er ist lieber im Bett geblieben, bis wir wieder da waren).

Die Aufgabe der Austauschorganisation ist es, passende Paarungen zwischen Gastfamilie und Gastschüler zu finden.
Über dfsr hatten wir einen japanischen Austauschschüler. Er ging in Japan von 8 Uhr bis 20 Uhr in die Schule. Der Japaner genoss hier mehr Freizeit und war sehr positiv. Wir hatten ein tolles Jahr mit ihm.
Der Amerikaner, den uns yfu vermittelt hat, musste hier erleben, dass wir als Gastfamilie bezüglich der Ausgehzeiten und der Sexualkontakte strengere Vorstellungen hatte, als seine leiblichen Eltern in den USA. Dass es für ihn schwierig war, dass er sich mit sechzehn an strengere Vorgaben halten sollte als mit fünfzehn, ist klar.
So war ein Konflikt vorprogrammiert.
Während ich als Gastmutter zwar über die Ausgehzeiten ein Veto einlegen konnte (zumal bis 1 Uhr nachts ja auch gegen den deutschen Jugendschutz verstößt), meinte yfu die sexuellen Aktivitäten seien seine Privatangelegenheit. Wir müssten seine intimen Bedürfnisse akzeptieren. Man steckt als Gastfamilie unentgeltlich viel Zeit, Offenheit, Arbeit und Vertrauen in einen Gastschüler. Die Organisation sollte das erleichtern, indem sie darauf achtet, dass die Erziehungsvorstellungen der Eltern nicht zu weit auseinandergehen. Auch wenn es intim ist, hätte ich gerne gewusst, dass ich einen sexuell aktiven Jungen aufnehme. Ehrlich gesagt wäre mir die Verantwortung zu groß gewesen und wir hätte einen anderen Jugendlichen aufgenommen.
Was mich bei yfu gestört hat war, dass die Gastfamilien "aus datenschutzrechtlichen Gründen" nur auf mehrmaliges Nachfragen alle Informationen erhalten haben, die an yfu geschickt wurden. Die Gastschülerbewerbungsunterlagen waren bei dfsr aussagekräftiger.
Wenn man sein Kind ins Ausland schicken möchte und im Gegenzug einen Gast aufnimmt, kann ich yfu aufgrund der laxen Haltung zum Sex des Gastschülers hier in Deutschland nicht empfehlen.

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